Ein Keller aus natürlichem Lehm ersetzt künstliche Klimatisierung

Seit etwa 8’000 Jahren ist die Kunst der Wein­bereitung bekannt. Die meiste Zeit davon fand sie in Kellern und Höhlen statt, deren Wände und Böden weitgehend natürlichen Ursprungs waren. Vor ein paar hundert Jahren erst begann die Modernisierung, in den letzten Jahrzehnten kamen moderne Technologien dazu. Doch der neueste Trend ist gleichzeitig wieder der älteste: Zurück zu den Ursprüngen. Mit Lehm!

In modernen Weinkellern hilft Technik dabei, ein op­timales Klima zu erhalten. So war es auch bis vor Kurzem im Keller von Sabine Steiner und Andreas Krebs in Schernelz. In den siebziger Jahren erbaut, wurde die Temperatur von Klimageräten geregelt, um Sommer wie Winter mit konstanten 14 Grad optimale Bedingungen für den Fassausbau zu gewährleisten. Dies ist eine wich­tige Voraussetzung, werden in den Barriques doch die wertvollsten Weine des Weinguts ausgebaut.

Die Klimageräte sind zuverlässig, brauchen aber auch eine Menge Strom. Dazu trocknen sie die Luft aus, was schlecht für die Holzfässer ist. Deshalb wird die Umgebungsluft laufend befeuchtet. Eine ganze Menge Technik, auf dem modernsten Stand.

Dass es ganz anders, ja sogar besser geht, weiss der Onkel von Andreas Krebs, Ruedi Krebs aus Twann. Schon in den neunziger Jahren erarbeitete er sich das uralte Handwerk des Kalkers. Eine Technik, die seit fast 10’000 Jahren angewandt wird. Dabei spezialisierte er sich auf Naturböden und -wände, die in vielen Kulturstätten und eben auch Weinkellern zur Anwendung kommen. So hatte er vor Kurzem die Weinkeller des berühmten Château de Beaucastel im südfranzösischen Châteauneuf-du-Pape auf den neuesten Stand gebracht – mit uralter Technik. Aus Lehm!

Lehmkeller haben einen grossen Vorteil gegenüber modernen Bauten. Sie speichern grosse Mengen an Feuchtigkeit und geben sie auch wieder an die Raumluft ab. Dabei bleibt nicht nur die Luft­feuchtigkeit konstant, auch die Temperatur reguliert sich durch Kondensation und Verdampfung auf natürliche Weise von selbst.

So lag es auf der Hand, dass Sabine Steiner und Andreas Krebs ihren neuen Keller von Ruedi Krebs umbauen liess. Bei Naturlehmkellern ist dies jedoch nicht ganz einfach, denn das Material hat neben Vorzügen auch seine Tücken. So lässt sich nicht einfach eine Wand oder gar eine Decke mit Lehm aufbauen. Noch bevor sie fertig wäre, würde sie einstürzen. Das richtige Material ist zudem nicht einfach im Baumarkt er­hältlich.

«Die Details und Strukturen ergeben sich immer erst mit der Zeit. Das Projekt wächst und wird zu einem jedes Mal einzigartigen Ganzen.»

Die Ziegelei Gasser Ceramic im bernischen Rapperswil war es, die schliesslich die speziellen Lehmsteine herstellte, die für den neuen Keller gebraucht wurden. Vereinfacht gesagt, sind dies Kaminsteine, die aber nicht gebrannt, sondern nur getrocknet werden. Mit ihnen wird eine Wand gebaut, welche mit sehr feuchtem Lehm ver­putzt wird. Mit der richtigen Technik verbindet sich das Ganze zu einem einzigen, grossen Stück Lehm, einer natürlichen und fast lebendigen Klimaanlage.

Sabine Steiner und Andreas Krebs sind sehr glücklich mit dem Resultat. Der Keller sieht nicht nur fantastisch aus – es sind auch keine Klimageräte mehr not­wendig. Dass er so schön aussehen wird, wusste sie bereits. Wie genau, allerdings nicht. Ruedi Krebs weiss, dass es sich bei Kalk und Lehm um Naturprodukte handelt: «Wir arbeiten von Hand und mit natürlichem Material. Die Details und Strukturen ergeben sich immer erst mit der Zeit, das Projekt wächst und wird zu einem jedes Mal einzigartigen Ganzen». Aber das macht die Faszination eines Lehmkellers schliesslich aus. Ein Naturprodukt, genau wie der Wein, der sein neues Zuhause darin gefunden hat.