Rebellion auf grossem Terroir
Hoch über dem See liegt die Einzellage Clos au Comte. Hier wächst einer der bekanntesten Bielersee-Weine und einer der am höchsten bewerteten Schweizer Chardonnays. Doch begonnen hat diese Erfolgsgeschichte mit einem Gesetzesverstoss.
Nicht einmal tausend Flaschen gibt es jedes Jahr vom Bieler Kult-Chardonnay Clos au Comte. Trotzdem gehört er zu den bekanntesten Lagenweinen der Schweiz. Auf der Suche nach dem Ursprung des Bieler Chardonnays.
In den 1980er Jahren war vieles noch anders in der Schweizer Weinwelt. Die Sommer noch kühler und feuchter, der Ruf des Schweizer Weins nicht gerade grossartig und die Gesetzgebung rigide und antiquiert. Natürlich gab es auch damals am Bielersee ein paar wenige Winzer, die mehr wollten. Mehr als Schraubverschlussflaschen zum Apéroplättli liefern. Einer davon ist Charles Steiner. Charlie, wie er am See nur genannt wird, erinnert sich noch gut an die Zeit Ende der Achtziger. «Wir wussten, dass 1995 ein neues Weingesetz kommen würde, das uns auch das Anpflanzen von anderen Sorten erlaubte. So lange wollte ich dann aber nicht warten und so haben wir schon 1990 Riesling-Silvaner-Reben durch Chardonnay ersetzt.» Damals war das eigentlich noch illegal, aber man wusste von den bevorstehenden Veränderungen, drückte ein Auge zu und wusste, dass die neuen Stöcke sowieso erst mit dem Inkrafttreten der neuen Rechtslage in den Ertrag kommen würden.

Charlie war schon damals ein grosser Liebhaber der Chardonnays aus dem Mâconnais, der burgundischen Heimat der Rebsorte. Doch burgundisch wurden die ersten Weine aus den Parzellen im Clos au Comte und im Unteren Eyholz nicht. Sie wurden im Stahltank ausgebaut und waren eher auf der frischen, zarten Seite. Erst im Jahr 2003 machte Charlie seine ersten Versuche mit dem Ausbau in ein oder zwei Barriques, welche er jedoch mit den im Stahltank vinifizierten Weine assemblierte, um sie abzurunden.
Mit den Jahren und dem zunehmenden Alter der Rebstöcke zeigte der Chardonnay sein wahres Potenzial. «Wir haben bemerkt, dass sich die Grundweine vom Clos au Comte mit jedem Jahr komplexer und eleganter zeigten als diejenigen aus den anderen Lagen. So haben wir Anfang der 2000er Jahre begonnen, die besten Partien in Barriques auszubauen.» Der Rest ist (Wein-)Geschichte!
Ursprung
In einer Urkunde aus dem Jahr 1555 wird als Besitzer dieser Parzelle ein Graf genannt, seine genaue Herkunft ist jedoch unklar. Wahrscheinlich stammte er aus Nidau oder Neuenburg. In heutiger Zeit sind die Weinberge mit Chardonnay bestockt – den ersten Reben dieser Burgundersorte am Bielersee. Bereits 1990 wurden sie dort, damals noch halb illegal, von Charles Steiner gepflanzt.
Terroir
Durch seine homogene Südlage reifen die Trauben sehr gleichmässig und bewahren dank der Höhe des Weinbergs ihre Frische. Die Böden sind tiefgründig, von mittlerem Kalk- und Geröllgehalt und trocknen auch in sehr heissen Jahren kaum je aus. Dies führt in Kombination mit den anderen Faktoren zu einem optimalen Terroir für Chardonnay, der hier sein Potenzial für langlebige, komplexe und mineralische Weine voll ausschöpfen kann. Der «Clos au Comte» gehört zu den gesuchtesten Weissweinen am Bielersee und ist deutlich von seinem Terroir geprägt.
Die Jahrgänge mit genügend Potenzial wurden von da an als «Chardonnay Réserve» auf den Markt gebracht, bis im Jahr 2009 Charlies Tochter Sabine Steiner von ihrem Studienaufenthalt an der Weinakademie im österreichischen Krems zurückkam und mit frischen Ideen ihr Wirken im elterlichen Betrieb begann. Für sie war es klar, dass der Wein einen so klaren Charakter entwickelt hatte, dass er fortan konsequent als Lagenwein «Clos au Comte» bezeichnet werden sollte. Dessen Qualität hatte sich mittlerweile nicht nur bei den Kunden der Steiners herumgesprochen, auch die Weinkritiker entdeckten den Wein und benoteten ihn exzellent. Voll des Lobes war damals auch der Bordeaux-Papst René Gabriel und schrieb: «Der Clos au Comte gehört zu den allerbesten Chardonnays, die je in der Schweiz produziert worden sind.» Selbstredend ist der Wein auch ins «Mémoire des Vins Suisses» aufgenommen worden.
Eine wunderschöne Geschichte über die Wiederentdeckung eines grossen Terroirs – mit einem kleinen Wermutstropfen: Es gibt nur sehr, sehr wenig Wein. Und der ist jedes Jahr innert kürzester Zeit ausverkauft!

Clos au Comte 2009
Steiner Schernelz Village
Feiner Duft von reifen Birnen, im Mund sehr lange und mit ausgezeichneter Balance, die Säure ist fein und im Abgang bleibt der Hauch der Mineralität der Lage lange haften.
Clos au Comte 2015
Weingut Krebs & Steiner
Viel aromatischer Druck in der Nase wie im Gaumen. Sehr reife Birnen, Zitronenmelisse, feine Carameltöne, im Abgang Agrumen, Kumquat. Ein sehr expressiver Wein.
Clos au Comte 2017
Weingut Krebs & Steiner
Nase vielschichtig, eher zart. Im Mund fein tanzende Säure, feine Mineralität, sehr lange. Ein feiner, zarter Wein, der aber durchaus genügend Kraft hat, um Meeresfische in einer Beurre blanc begleiten zu können.
Clos au Comte 2020
Weingut Krebs & Steiner
Noch sehr jugendlich mit einem frischen Auftakt in der Nase, der sich im Gaumen fortsetzt. Zitrusaromen tanzen auf der Zunge, begleitet von einer feinen Röstaromatik. Im langen Abgang mineralisch. Wird erst in drei bis fünf Jahren zeigen, was alles in ihm steckt.