Interview mit Sabine Steiner, Winzerin und Präsidentin des Vereins Weinkultur Bielersee

Der neue Verein Weinkultur Bielersee vereint nicht nur die terroir­orientierten Weinproduzenten der Region. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die ganze Kultur rund um den Wein in der Region zu fördern. Im Inter­view spricht die Präsidentin Sabine Steiner über den holprigen Start und wie es künftig weitergehen soll.

Im letzten Jahr wurde die Weinkultur Bielersee als Verein mit dir als Präsidentin gegründet. Was steckt dahinter?
Wie der Name schon sagt, die Förderung der Wein­kultur am und um den Bielersee. Und unter Weinkultur verstehen wir explizit nicht nur den Wein selbst, sondern auch die ganze Kultur um den Wein herum.

Wie meinst du das?
Die Region ist natürlich stark durch den See und den Wein­bau geprägt, allerdings gibt es schon seit Langem sehr viel mehr. Künstler, Handwerk, Literaten. Ich schaue schon morgens beim Aufstehen rüber auf die Petersinsel, wo Jean-Jacques Rousseau lebte und schrieb. Auch heute gibt es hier eine sehr lebendige Kulturszene, und dazu gehören sicher auch die Gastro­nomie und der Wein.

Du vergisst Friedrich Dürrenmatt!
Wie könnte ich Dürrenmatt vergessen! Der lebte sogar hier in Schernelz, ein paar Minuten zu Fuss von hier.

Dürrenmatt schrieb in einem Brief an Max Frisch, dass ihm die grosse Welt ein Graus sei und dass diese ehrlicherweise für ihn schon hinter Ligerz anfange.
Das passt irgendwie (lacht). Meine Grossmutter kannte ihn gut und erzählte immer, dass er des Öfteren im Restaurant Trois Amis sass, bei Chasselas und Suppe, und sich zeitweise wirklich nicht mehr gross um die Welt da draussen kümmerte. In unserem Verein sehen wir das aber anders. Zwar sind wir – typisch fürs Seeland – schon sehr regional verankert und auf unsere Herkunft fixiert. Doch wenn es um den Wein geht, orientieren wir uns gerne auch international. Vor allem am Burgund.

Wie äussert sich das?
Das Motto des Vereins ist Terroir, Leidenschaft und Respekt. Und das verkörpert das Burgund wie kaum eine andere Region. Alle Mitglieder sind, etwas atypisch für die Region, stark auf Lagenweine fokussiert. Auch mit den Sorten Pinot Noir und Chardonnay haben wir Gemeinsamkeiten mit dem Burgund.

Also versucht ihr Burgunder am Bielersee zu machen?
Ja und nein. Ja, weil auch wir versuchen, die einzelnen Terroirs und ihre Charaktere so unverfälscht wie mög­­lich und mit hohem Anspruch in die Flasche zu bringen. Terroirweine, keine Rebsortenweine zu machen. Und nein, weil wir ein anderes Terroir haben als die Bur­gunder. Hier entstehen Lagenweine vom Bielersee, mit einem ganz eigenen Charakter, auf Jurakalk gewachsen. Und dann haben wir natürlich neben Pinot Noir und Chardonnay auch noch den Chasselas. Auch der ist ein hervorragender Botschafter des Terroirs, wenn man sich ihm als Winzer voll und ganz hingibt.

Der Verein ist gegründet, wie geht es weiter?
Letztes Jahr war schon holprig. Wir hatten wie viele andere schöne Events geplant, verschoben und wieder abgesagt. Doch wir bleiben optimistisch und planen für 2021 wieder offene Weinkeller, unsere Tage der Weinkultur im August und sicher noch das eine oder andere gegen Herbst.

Und wie steht es mit der weiteren Entwicklung?
Das wird sicher spannend. Wir haben im letzten Jahr viel Zuspruch bekommen, nicht nur von Winzern, auch von Gastronomen, Kulturschaffenden und nicht zuletzt von Weinliebhabern aus der ganzen Schweiz. Wir sind grundsätzlich offen, lassen das aber auf uns zukommen.

Der Verein Weinkultur Bielersee
Obwohl «Weinkultur Bielersee» der Verein der terroirorientierten Qualitätsweingüter am Bielersee ist, verbindet seine Mitglieder viel mehr als nur die Organisation in einem Verein. Es sind die gemeinsamen Werte, die sie vom Weinberg in den Keller und bis ins Glas der Weinkenner in der ganzen Welt transportieren.

Der nicht gewinnorientierte Verein hat sich der Förderung und Pflege der Weinkultur rund um den Bielersee zum Ziel gesetzt. Seine Mitglieder arbeiten nach den Grundsätzen des Manifests «Vins de terroir – Vins de garde».

Aktuelle Mitglieder sind Sabine Steiner, Andreas Krebs, Thomas Gromann und Keila Gromann.